Freundeskreis Römerkanal e.V.
Regensburg - Wanderungen durch ein Weltkulturerbe
Exkursion des Freundeskreises Römerkanal vom 3. – 6. Juni 2016
Am Anfang der Geschichte dieser Stadt standen – wie so oft – die Römer. 179 n. Chr. hatten sie unter Kaiser Marc Aurel (161-180) zur Festigung ihrer Grenze zwischen Rhein und Donau ein Lager für die III. Italische Legion errichtet. Der Name „Castra Regina“ – benannt nach dem Donauzufluß Regen- erfährt seine Eindeutschung im Mittelalter. Regensburg wird im 6. Jahrhundert die erste bairische Hauptstadt. Ab 1245 wird Regensburg mit seiner reich gewordenen Patriziergesellschaft sogar Freie Reichsstadt, bleibt von1663 – bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation durch Napoleon (1806) - Sitz des Immerwährenden Reichstages. Und seit 2006 schmückt sich Regensburg mit dem Ehrentitel als Weltkulturerbin.
Neugierig geworden auf die Zeugnisse fast 2000jähriger Herkunft scheute auch der Freundeskreis Römerkanal sich nicht, trotz der weiten Anfahrt (500km) die Reize dieser Stadt auf sich wirken zu lassen.
Als wir mit unserer 40 Personen starken Reisegruppe in die Altstadt hineinfuhren, wurde uns schnell deutlich, dass die mittelalterlichen Gassen wohl nicht für die Dimensionen eines Reisebusses geplant waren. Unser ständiger Fahrer Günter Löhndorf sah das Problem eher sportlich und setzte uns sicher erst kurz vor dem Hotel ab.
Ein geführter „Spaziergang“ machte noch am selben Tag mit der Altstadt bekannt, die uns den mittelalterlichen Stadtkern deutlich vor Augen führte: Geschlechtertürme und Häuser mit ihren markanten Fassaden und Giebeln - es sollen noch 1200 Häuser historischen Ursprungs bestehen - und nicht zuletzt die gemütlichen Namen der schmalen Durchgänge wie Tändlergasse, Kramgasse, Watgasse usw. wiesen alle noch eine hervorragende Bausubstanz auf.
Den ersten Schwerpunkt der morgendlichen Führung bildete eine Suche nach den wenigen römischen Relikten, die die heutige Stadt noch bieten konnte. Im Grunde folgte die Führung dem Umriss des alten Lagers der Castra Regina, wo besonders die Porta Praetoria, das Nordtor des Lagers, den Höhepunkt des Rundganges bieten sollte. Leider war das Original durch Restaurierungsarbeiten verhüllt, so dass mit dem Hilfsmittel einer Videopräsentation dieses Manko mehr als ausgeglichen werden musste:
Man folgte der mit riesigen Quaderblöcken aufgetürmten Mauer bis zu 7m unter die Erde. Linker Hand zog sich die Mauer hin und auf der rechten Seite erwachte auf Knopfdruck ein auf grauem Beton eingelassener Monitor („document Legionslagermauer“) und erklärte den Bau des römischen Stadttores und Verlauf des Lagers, welches Platz für eine ganze Legion (ca. 6000 Mann). geboten hatte.
Waren noch Fragen offen, so klärte wirklich alles die Römerabteilung des Historischen Museums, in dem Funde aus dem Boden der Stadt liebevoll präsentiert wurden.
Am Nachmittag konzentrierten sich die Themen auf andere markante Bauten, die zugleich auch die Geschichte der Stadt deutlich widerspiegelten: der wunderbare gotische Dom St. Peter, dessen Bauphasen erstaunliche Parallelen zum Kölner Dom aufwiesen, beeindruckte schon vor dem Westportal, sozusagen der Schauseite des Domes. Der Gang durch diese großartige Bischofskirche war von der tiefen bayrischen Frömmigkeit unserer Führerin geprägt, die uns schon zu Anfang mit den Worten:“Ich will Ihnen nun meinen Dom zeigen“, auf eine sehr persönliche Art, die nicht jedem gefallen musste, ihre Sicht der wichtigen Dinge im Dom darstellte. Offensichtlich geriet sie dadurch unter Termindruck; denn unversehens verabschiedete sie sich mit einem Blick auf die Uhr für eine nächste Führung. So blieb die eine oder andere sachliche Information leider auf der Strecke.
Spannend wurde es aber im Reichstagsmuseum; hautnah sozusagen erlebte die Gruppe die Säle der jeweiligen Räume für den Kurfürstenrat, den sonstigen Reichsfürstenrat und den Städterat. Ganz im Gegensatz zu anderen Museen, wo Wärter peinlich genau das Nichtberühren von Gegenständen überwachen, durften alle Sitzgelegenheiten genutzt werden. Aufmerksame Zuhörerschaft war so garantiert, wenn die sehr kompetente junge Führerin die ständig größer werdende Bedeutung der selbstbewussten Städte als Kontrollinstrument für den Adel und den Kaiser im sog. Immerwährenden Reichstag kenntnisreich schilderte. Ein abschließender Gang in die „Fragstatt“, in der Angeklagte notfalls per Folter zu Geständnissen gebracht wurden, verpasste uns Zuhörern noch ein leichtes Gruseln vor der damaligen Gerichtsbarkeit.
Der zweite Tag führte uns auf die Donau. Der weltberühmte Donaudurchbruch zwischen Kelheim und dem in einer Donauschlinge liegenden Kloster Weltenburg zeigte sich nach etwa 6 km Fahrt auf dem etwa 300m breiten Strom in einer beeindruckenden Enge von 80m Breite. Hier ist auch die tiefste Stelle der Donau mit 20m. Unglaublich die Vorstellung, dass nur Wasserkraft sich durch die Jurakalkfelsen ein neues Bett gesucht hat, welches viel früher im Urdonautal der Altmühl gelegen war!
Ein Besuch der ältesten bayrischen Benediktinerabtei Weltenburg (620 n. Chr.) ist ein touristisches Muss, denn die 1720 erbaute Klosterkirche zeigt in ihrem Innenraum die ganze verschwenderische Fülle des Barocks, die für den Baumeister Asam so oft noch in Bayern typisch ist.
Manche Gäste ließen sich beim anschließenden Essen auch noch das berühmte schwarze Weltenburger Barock Klosterbier schmecken, bevor uns der Bus zu unserem letzten Ziel brachte.
In Eining erhielten wir einen weiteren Einblick in das Militärlager Abusina, dessen steinerne Umrisse durch erklärende Schautafeln das Verständnis der Anlage erleichterten; vor allem, weil auch hier sehr pfiffige Geräuschkulissen von arbeitenden Soldaten, Hufgeklapper und Kampfszenen in den stählernen Stahlplatten eingebaut waren. Insgesamt ist dieser Aufschluss des relativ kleinen Lagers (Kohortenkastell für etwa 500 -600 Mann), das mit zur Bewachung des sog. nassen rätischen Limes gedient hatte, zu einem gelungenen kleinen, aber feinen Archäologischen Park geworden.
Den Abschluss des Tages bildete ein kurioses Gesamtkunstwerk in Abensberg. Der Brauereibesitzer der Kuchl –Brauerei wollte seinen Umsatz durch eine besondere Attraktion steigern, indem er den berühmten Wiener Künstler F. Hundertwasser beauftragte, einen Turm nach seinen Vorstellungen zu planen. Der 35m hohe Prachtbau mit goldener Kuppel und den typischen bunten Hundertwasserfarben, den vielen kleinen Verästelungen und schnörkeligen Verzierungen stellt mitten in der Brauerei in diesem kleinen Ort eine skurrile Besonderheit dar. Mittlerweile hat sich auch der Architekt Peter Pelikan ganz im Sinne Hundertwassers mit dem Bau eines Kunsthauses und einliegendem Museum ein verspieltes und bezauberndes Monument geschaffen. Eine wahrhaft fröhliche bunte Welt ist dort entstanden und zieht, wie der Brauereiführer uns mitteilte, weit über 300.000 Menschen pro Jahr an. Last but not least: der EIN-satz habe sich gelohnt; denn der UM-satz dieses bayrischen Weißbierspezialisten habe die schon optimistischen Erwartungen bei weitem übertroffen.
Der Rückreisetag sah noch einen kleinen Abstecher zu einem fränkischen Kloster in Dettelbach vor. Die Kirche “Maria im Sand“ weist barocke Züge auf, einige Kunstschätze im Innern der Kirche sind sogar schon Renaissancewerke (Kreuz von Tilmann Riemenschneider, Kanzel und Kanzeltreppe); der Altar ein barockes Meisterstück. Die seit 1605 vom Fürstbischof angeworbenen Franziskaner gaben dem Ort ihr unverwechselbares Gesicht.
Die eigentliche Führung geriet dem Pater Richard mehr und mehr zu einer eindrücklichen Predigt für die Armen und Hilfsbedürftigen dieser Welt. Davon zeigte sich unsere Reisegruppe sehr beeindruckt; jedenfalls zeugte der Inhalt des herumgehenden Gabenkörbchens von großzügiger Spendenbereitschaft. Clever – unser Pater! Herr Lahl wird jetzt wohl wissen, warum bei der Vorbesprechung der geistliche Führer kein Honorar wollte, Franziskaner sind eben ein Bettelorden von jeher gewesen und verstehen sich auch darauf.
Nun hatten alle ein gutes Werk getan; der letzte Aufenthalt im wunderschönen Biergarten des Restaurants „Zum Franziskaner“ beschloss dann auch den offiziellen Teil der Reise. Auf der noch etwa vierstündigen Rückfahrt war wohl jedem bewusstgeworden, wie glänzend unser erprobter Reiseleiter, Peter Lahl, auch diese mehrtägige Exkursion wieder geplant und durchgeführt hatte. Wir alle waren auch begeistert von den professionellen Führern, von denen eine Dame uns wohl am meisten beeindruckt hatte. Frau Isabel Käser vereinte profundes Wissen mit perfekter Ausstrahlung. Ihr mit dem typisch rollenden „R“ einhergehender „Originalton Süd“ hatte alle in den Bann geschlagen. Ihr charmantes Wesen ließ uns daran glauben, dass ein Wesenszug unserer südlichen Nachbarn und dieser Stadt durchaus so verstanden werden kann: RENGSCHBUAG – DES IS BAIRISCH!
Rheinbach, im Juni 2016
Rolf Greiff